Hitze-Ozon-Extreme beeinflussen die Sterblichkeit
07.07.2023
Städte des globalen Südens sind besonders stark von der Klimaerwärmung betroffen. So verschlimmern beispielsweise steigende Temperaturen die Ozonbelastung. In Santiago de Chile ist – wie in anderen Städten im globalen Süden - das Gefälle zwischen Wohlstand und Benachteiligung besonders groß. Deswegen hat RIFS-Wissenschaftler Tabish Ansari zusammen mit anderen Forschenden die Auswirkungen von Hitzewellen und Ozonepisoden auf verschiedene Quartiere untersucht und sie miteinander verglichen.
Santiago de Chile ist eine Stadt mit Gebieten des Wohlstands und der Armut. Ein Team um RIFS-Wissenschaftler Tabish Ansari hat daher für eine Studie im Journal „Scientific Reports“ bestehende Datensätze zu sozialen Indikatoren und klimasensitiven Gesundheitsrisiken mit Wetter- und Luftqualitätsbeobachtungen in Chile kombiniert, um die Reaktion der verschiedenen sozioökonomischen Schichten auf extreme Hitze in Kombination mit einer erhöhten Ozonbelastung zu untersuchen.
Klimatische Voraussetzungen
Santiago de Chile zählt rund 7,7 Millionen Einwohner und liegt in den mittleren Breiten der Anden. Die Stadt befindet sich auf 500 und 650 Meter über dem Meeresspiegel in einem zentralen Tal des Landes. Sie liegt in einer Region, in der Hitzewellen und extreme Temperaturen in den vergangenen Jahren aufgrund des Klimawandels stark zugenommen haben. Unter Hitzewellen sind Perioden von aufeinanderfolgenden Tagen gemeint, an denen es wärmer als gewöhnlich ist.
Hitzewellen und Ozonausbrüche fallen häufig zusammen, denn sie haben gemeinsame meteorologische Ursachen. Hitzewellen verschlimmern die bodennahe Ozonbelastung - und übermäßige Hitze erhöht beim Menschen die Wahrscheinlichkeit eines Hitzschlags oder einer Dehydrierung, wovon sozial schwache Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt in unverhältnismäßiger Weise stark betroffen sind, weil sie beispielsweise keinen Zugang zu angemessenen Kühlsystemen haben.
Aufgrund der schlechten Luftqualität atmen zu viele Menschen in Santiago an zu vielen Tagen im Jahr ungesunde Luft ein: Der Großteil der Bevölkerung lebt in Gebieten mit ungesunden Ozonwerten im Sommer und Partikelverschmutzung im Winter. Sowohl der 24-Stunden-Mittelwert der Konzentration von Partikeln als auch der Tageshöchstwert der Ozonkonzentration überschreiten häufig die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Werte. Somit sind Millionen von Chilenen jedes Jahr mehr als 40 ungesunden Ozontagen ausgesetzt.
In armen Stadtvierteln ist Sterblichkeit doppelt so hoch
Wohlstand und Benachteiligung führen zu Ungleichheiten bei der Sterblichkeitsrate in den mehr als 30 städtischen Quartieren Santiagos. Die jährliche Sterblichkeitsrate von Erwachsenen ab dem Alter von 65 Jahren ist in benachteiligten Gebieten doppelt so hoch wie in wohlhabenden Quartieren.
Die Ungleichheit bei der Sterblichkeitsrate verringert sich bei Erwachsenen ab 65 Jahren jedoch im Sommer. Während die räumlichen Schwankungen der Temperatur die wohlhabenden Bewohner der nordöstlichen Quartiere der Stadt leicht begünstigen, ist dies bei der Luftverschmutzung nicht der Fall: Die Belastung durch bodennahes Ozon ist für die wohlhabenden Einwohner der nordöstlichen Quartieren Santiagos sogar wesentlich höher. Aufgrund räumlicher Schwankungen der Temperatur und der Ozonkonzentration an der Oberfläche hat das Team um Ansari festgestellt, dass Hitze-Ozon-Extreme die Stadtbewohner ab 65 allerdings unabhängig von ihrem sozioökonomischen Status in etwa gleich stark belasten.
Das Team geht jedoch davon aus, dass sich die derzeit noch geringe Kluft bei den Sommersterblichkeitsraten zwischen Arm und Reich in Zukunft vergrößern wird. Wenn die Hitzewellen künftig häufiger und intensiver werden, steige die Wahrscheinlichkeit, dass Erwachsene mit niedrigem Einkommen früher sterben als wohlhabende Stadtbewohner, weil sie sich ungesünder ernähren und dadurch mehr Vorerkrankungen haben.
Die Empfehlung
Die Ergebnisse des Teams zeigen den Bedarf für Anpassungsstrategien auf, um Hitze-Ozon-Extreme zu minimieren. So empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise die Entwicklung eines Hitze-/Gesundheitswarnsystems. Gemäß den Empfehlungen der WHO und der Weltorganisation für Meteorologie sollten sich Warnungen auf die gesundheitlichen Auswirkungen, nicht nur auf die Lufttemperatur beziehen. In Chile würden die Behörden im Falle von Hitzewellen zwar öffentliche Warnungen herausgeben, aber diese würden keine zusätzlichen Parameter wie etwa den Zusammenhang zwischen Hitze und Sterblichkeit berücksichtigen. Insgesamt, so das Team, könne ein besseres Verständnis der Wirkung von Hitze-Ozon-Extremen auf die menschliche Gesundheit zu widerstandsfähigeren Gemeinschaften im globalen Süden beitragen.
Publikation:
Feron, S., Cordero, R.R., Damiani, A. et al. Compound climate-pollution extremes in Santiago de Chile. Sci Rep 13, 6726 (2023). https://doi.org/10.1038/s41598-023-33890-w