Forschungsinstitut für
Nachhaltigkeit | am GFZ

Aufbau eines katastrophenresistenten Europas: Eine Forschungsagenda

08.04.2025

Ein Team unter der Leitung von Nathan Clark von der Freien Universität Amsterdam hat in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) eine umfassende Reihe von Empfehlungen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit Europas gegenüber Katastrophen vorgelegt. Die veröffentlichten Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Katastrophenvorsorge sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in der praktischen Anwendung zu verankern.

katastrophenresistentes Europa
Partizipatives Handeln sei ein Mittel, um umsetzbares Wissen und Vertrauen innerhalb der europäischen Gemeinschaft zu schaffen, so das Team der Autorinnen und Autoren.

Die Autorinnen und Autoren warnen in ihrem Artikel „Strengthening all-of-society approaches for disaster resilient societies through competency building: A European research agenda“, dass die Gesellschaften mit einer zunehmend komplexen und unvorhersehbaren Risikolandschaft konfrontiert sind, die durch globale Krisen wie die COVID-19-Pandemie, den sich beschleunigenden Klimawandel und aufkommende geopolitische Konflikte geprägt ist. Diese Risiken entfalten oft kaskadenartige Wirkungen, die sich unverhältnismäßig stark auf gefährdete Gemeinschaften auswirken, was die Notwendigkeit integrierter, systemischer Reaktionen unterstreicht.

Anstatt sich auf isolierte oder Top-Down-Strategien zu verlassen, plädiert das Team für einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz, der sektorübergreifende, multidisziplinäre und integrative Bemühungen einbezieht. Wissenschaftlerin Pia-Johanna Schweizer vom RIFS sagt: "Wir müssen das Denken in komplexen Systemen unterstützen, um das dynamische Zusammenspiel von Kulturen, Kontexten und Risikomerkmalen zu berücksichtigen. Und wir brauchen mehr praktische Anleitungen für den Aufbau lokaler Katastrophenresilienz, die einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz Rechnung tragen.“

Über 100 beteiligte europäische Forschungs- und Praxisorganisationen

Die Veröffentlichung basiert auf den Forschungsergebnissen und Erfahrungen von mehr als acht europäisch finanzierten Forschungsprojekten, an denen über hundert Forschungs- und Praxisorganisationen beteiligt waren. Diese Initiativen haben die Vorteile der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Interessengruppen in das Katastrophenrisikomanagement und die Bemühungen um Klimaanpassung aufgezeigt. Sobald die Kommunikation zwischen Behörden und der Öffentlichkeit verbessert wurde, konnten die Projekte belegen, dass umfassende Partizipation sowohl die Vorsorge als auch die Reaktion deutlich verbessern könne.

Die wichtigsten Empfehlungen sind vier Dimensionen für den Aufbau katastrophenresistenter Gesellschaften:

  1. Verstärkte Partizipation - Sicherstellen, dass Gemeinschaften, lokale Behörden, Freiwillige, NROs und andere Interessensgruppen in den Prozess einbezogen werden.
  2. Reduzieren der Anfälligkeit - Gezielte Kommunikation, Vielfalt und lokales Fachwissen einbinden und nutzen für eine stärkere Handlungsfähigkeit.
  3. Aufbau von Kapazitäten - Vertrauen aufbauen, Möglichkeiten zur gemeinsamen Gestaltung und des Lernens fördern, Ausstattung von Gemeinschaften und Institutionen mit Wissen, um sich auf Krisen vorzubereiten und darauf reagieren zu können.
  4. Organisatorischen Wandel fördern - Anpassungsfähigkeit von Katastrophenschutzbehörden steigern und Wandel unterstützen zu einem proaktiveren Katastrophenrisikomanagement.

Die Forschenden heben zudem verschiedene methodische Ansätze hervor, die in den Projekten zum Einsatz kamen, und betonen, dass partizipatives Handeln ein Mittel ist, um umsetzbares Wissen und Vertrauen innerhalb von Gemeinschaften zu schaffen.

Letztendlich zielt die Veröffentlichung darauf ab, eine europäische Forschungsagenda zu erstellen, die sich auf die Stärkung der gesellschaftlichen Widerstandsfähigkeit und die Institutionalisierung von Beteiligungsmechanismen konzentriert, um die Dringlichkeit und Inklusivität von Katastrophenrisikomanagementaktivitäten auch in Nicht-Krisenzeiten aufrechtzuerhalten. Die Autorinnen und Autoren fordern weitere Investitionen in Forschung und Politik, um die Lücken zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen, praktischer Umsetzung und Bürgerbeteiligung zu schließen.

Publikation:
Clark, N., Boersma, K., Raju, E., Opromolla, A., Orru, K., Hansson, S., Russo, R.,Gargiulo,M. V., Duca, G., Capuano, P., Schweizer, P.-J., Cumiskey, L., Steinhausen, M., Branlat, M., Olson, A., Andersen, N. B., Larruina, R., Atun, F., Van Westen, C., … Vollmer, M. (2025). Strengthening all-of-society approaches for disaster resilient societies through competency building: A European research agenda. International Journal of Disaster Risk Reduction, 121, 105345. https://doi.org/10.1016/j.ijdrr.2025.105345
 

Kontakt

Pia-Johanna Schweizer

Dr. Pia-Johanna Schweizer

Forschungsgruppenleiterin
pia-johanna [dot] schweizer [at] rifs-potsdam [dot] de
Sabine Letz

M. A. Sabine Letz

Referentin Presse
sabine [dot] letz [at] rifs-potsdam [dot] de
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